Wenn man wissen möchte, wie eine kastilische Stadt im Mittelalter aussah, dann besucht man am besten Covarrubias: eine Stadtmauer, gepflasterte, schmale Straßen, Torbögen und zweistöckige Fachwerkhäuser, das alles hat das 500 Einwohnerdorf in der bevölkerungsarmen Region Serranía Celtibérica in der Provinz Burgos zu bieten. Der historische Ort hat sich sogar so gut gehalten, dass er zum Kulturgut erklärt wurde. Gegründet wurde es vom westgotischen König Chindasvinto im 12. Jahrhundert auf den Ruinen einer Siedlung der Turmodigi (ein vorrömisches Volk aus der Eisenzeit). Mittlerweile teilen sich die mittelalterlichen Bauten den Platz mit Gebäuden im Herrera-Stil aus der Spätrenaissance, den König Philipp II. hierherbrachte. Ganz schön viel Prunk für so einen kleinen Ort im leeren Spanien. Er ist einer der vielen Gründe, warum Du einen Tag in Covarrubias verbringen solltest.
24 Stunden in Covarrubias
10 Uhr - Küsse, Betrunkene und Teigfladen
Wir sind uns einig, dass etwas Süßes am Morgen niemandem den Tag vermiest. Deshalb beginnen wir die Entdeckungstour in der Bäckerei Pastelería Raquel, in der wir uns zwischen den Teigfladen Torta de Chicharrones (ein Teig aus Schweineschmalz, Zucker, Anis und Zimt), einigen Borrachos (Kuchen getränkt in einem geheimen Likör des Hauses) und ein paar Besos (Sahnetörtchen) entscheiden. Egal, welche Versuchung es wird, genieße sie zusammen mit einem guten Kaffee, den Raquel selbst in ihrer Küche im hinteren Teil des Ladens zubereitet.

10.30 Uhr - Kopfsteinpflaster und Fachwerkhäuser
Klein und gemütlich, so ist die hübsche Altstadt von Covarrubias. Viele ihrer Gebäude sind im Fachwerkstil gebaut und an ihren schmalen Balkonen mit Blumen dekoriert. Gute Beispiele dafür sind die Häuser Casa del Obispo Peña (Plaza del Obispo Peña) und Casa de Doña Sancha (Plaza de Doña Sancha 10). Letzteres wurde nach einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des Dorfes benannt. Als Tochter der Königin Urraca und Raimund von Burgund, war sie die dritte Prinzessin von Covarrubias und wurde zur Königin von Kastilien ernannt. Doch wenn sich an sie erinnert wird, ist das vor allem aufgrund ihrer Entscheidung sogenannte Fueros einzuführen, Rechte und Gesetze, die die Sklaverei ihrer Untertanen auflöste.
Gegenüber erhebt sich der Festungsturm von Fernán González (erster unabhängiger Graf von Kastilien / zu finden auf Plaza Doña Sancha 7), eine defensive Konstruktion im mozarabischen Stil, den er selbst im 10. Jahrhundert in Auftrag gab, um die Region Arlanza zu schützen. Wenige wissen, dass der Turm über einen unterirdischen Tunnel mit dem Haus von Doña Sancha verbunden war. Hier wurde übrigens, auf Wunsch ihres gemeinsamen Vaters, ihre Schwester eingesperrt, die Prinzessin Doña Urraca. Verpass nicht die Gerichtssäule oder auch Prager genannt, den man beim Verlassen des Ortes nach der Brücke auf der linken Seite sieht. Er zeigt die Macht, die Covarrubias einst besaß.
Beim Schlendern durch die kleinen Straßen kann man an den Häusern in Covarrubias gut den Glanz des 16. Jahrhunderts sehen, jener Zeit in der Spanien eine Weltmacht war. Das sogenannte Fortschrittsarchiv (Glorieta Alejandro Rodriguez Valcarcel 12) zum Beispiel wurde 1575 im Herrera-Stil auf Wunsch von König Philipp II. erbaut, um seinen persönlichen Arzt Francisco Vallés zu ehren, der aus Covarrubias stammte. Neben seiner Funktion als Archiv, diente das Gebäude auch als Stadttor des Ortes. Heute ist es Touristeninformation und Bibliothek sowie noch immer Haupteingang in das Dorf.

12.30 Uhr - Auf den Spuren einer Norwegerin
Folgt man der Straße durch das Tor kommt man auf den Platz Plaza de la Infanta Urraca, auf dem sich der einstige Palast des Grafen Fernán González befand, heute Rathaus von Covarrubias. Geht man nach rechts über den Platz erreicht man die Kirche St. Thomas (Travesía de Santo Tomás), die auf den Ruinen einer romanischen Kirche errichtet wurde. Interessant zu sehen ist auch die Alte Apotheke (Calle de Burgos 2) an einer der Ecken der Kirche, die bis 1975 Medikamente verkaufte und heute, restauriert, besichtigt werden kann.
Doch zu einem der wirklichen Schätze des kleinen Ortes kommt man, wenn man durch die Türen des kleinen Klosters (Plaza del Rey Chindasvinto 3) von 1540 tritt, in dem sich das Grab der norwegischen Prinzessin Kristin Håkonsdatter befindet. Bekannt als die Wikingerprinzessin von Covarrubias, kam sie sehr jung nach Spanien, um sich mit Prinz Philipp zu verheiraten, Bruder von Alfons X. der Weise, der Unterstützung vom norwegischen König benötigte. Ihre Überreste wurden zufällig 1952 bei Restaurierungsarbeiten hinter einer Mauer gefunden. Sie starb mit nur 23 Jahren, ohne Nachkommen und nur 4 Jahren nachdem sie spanisches Territorium betreten hatte. Es wird gesagt, dass sie mit dem heißen Klima von Sevilla, wo sie mit ihrem Ehemann eine Zeit lang lebte, nicht zurechtkam und deshalb starb. Heute erinnert eine Bronzestatue in Covarrubias an sie.
Vom kleinen Kloster und der gegenüberliegenden Statue aus, ist es nicht weit bis zum Fluss Arlanza, an dem man außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer entlang wandern kann. Die Mauer war übrigens die erste, die im Königreich von Leon im 10. Jahrhundert errichtet wurde. 1590 wurde sie weitestgehend abgerissen, um für eine bessere Belüftung des Ortes zu sorgen – die Pest hatte sich in Covarrubias ausgebreitet.

14 Uhr - die Mutter aller Eintöpfe
La olla podrida ist ein typisches Gericht aus dem Dorf in der Provinz Burgos, das aus dem Mittelalter stammt. Ein sehr beliebtes Essen, so sehr, dass sogar Cervantes es in seinem Buch Don Quijote erwähnte und die Franzosen es in ihre Küche unter dem Namen Potpourri hinzufügten. Traditionell handelt es sich um einen Eintopf, den die Juden samstags zubereiteten und dem die Christen später Schwein hinzufügten – genau so wird es noch heute gegessen. Wortwörtlich übersetzt bedeutet der Name „verfaulter Eintopf“, eigentlich aber hieß das Gericht im Mittelalter olla poderida, also mächtiger Topf, das e wurde nur mit der Zeit verschluckt. Rote Bohnen, Chorizo, Blutwurst, Speck, Rippchen, Schweineschwanz, Zwiebeln und Möhren sind die Hauptzutaten dieses Rezepts. Üppig und alles andere als vegetarisch, aber sehr lecker. Wer es probieren will, sollte das im Restaurant Galo tun, ein alter Gasthof, der noch immer die historischen Schilde an seiner Fassade hängen hat und den Speisesaal im einstigen Stall errichtete. Dort, wo heute der runde Tisch steht, wurde früher auf offenem Feuer der Olla podrida Eintopf zubereitet, genau unter dem Schornstein, durch den der Rauch abzog. Galo, Küchenchef seit 1994, öffnet nur freitags und Samstagmittag und schließt im Winter. Man sollte daher besser reservieren.

17 Uhr - Kastilisches Dreieck
Nur knapp 18 Kilometer von Covarrubias entfernt, befindet sich das Kloster von Santo Domingo de Silos aus dem 11. Jahrhundert, in dem sich eines der beeindruckendsten Gemälde europäischer christlicher Kunst aus dem Mittelalter befindet. Bei einem Besuch ist es wahrscheinlich, dass Du die gregorianischen Gesänge der 26 Benediktinermönche hörst, die noch immer hier leben.
Solltest du etwas weniger Mystisches bevorzugen, dann kannst du die 22 Kilometer nach Lerma fahren. Der Ort wird genau wie Covarrubias zu den schönsten Dörfern Spaniens gezählt und besitzt eine wunderschöne Altstadt aus dem 17. Jahrhundert.
Interessant ist auch die Kapelle von Sankt Olav im Tal Valle de los Lobos nur 2 Kilometer von Covarrubias entfernt. Es handelt sich um einen religiösen Ort zu Ehren des heiliggesprochenen Wikingerkönigs, der in seiner Form an die langen Schiffe der skandinavischen Krieger erinnert. Der Tempel, gebaut aus Holz und Eisen, erinnert an die norwegische Kolonie in Spanien. Umgeben von grünen Wäldern ist es ein idealer Ort für eine kleine Wanderung.
Wenn du genug von historischem hast, dann fahre zum Friedhof Sad Hill, 23 Kilometer entfernt. Hier wurde in den 1960er Jahren die bekannte, finale Szene des Spaghettiwesterns „Zwei glorreiche Halunken“ gedreht. Die Landschaft sieht nicht nur im Film so aus wie im Wilden Westen.

21 Uhr - Weiteres aus der lokalen Küche
In Covarrubias gibt es nicht nur Eintopf. Lamm aus dem Ofen ist ein weiterer Klassiker, den man am besten mit einem guten Wein aus der Region von Arlanza genießt. Im Restaurant Casa Galín, seit 1830 geöffnet, schmeckt es besonders gut. Ezequiel, Bruder von Galo, ist die fünfte Generation, die dieses Lokal managt und neben Lamm auch Blutwurst aus Covarrubias oder Steinpilzküchlein anbietet. Eine weitere Möglichkeit die lokalen Gerichte zu probieren ist das Restaurant Tiky, ebenfalls auf dem Platz Plaza de Dona Urraca.
Noch ein letzter Vorschlag: falls du die Nacht in Covarrubias verbringen möchtest, dann solltest du das im Hotel Rey Chindasvinto tun, gelegen am gleichnamigen Platz. Sein Besitzer Eloy nimmt seinen Gäste auf als wären sie Teil der Familie. Sein Frühstück ist spektakulär: frisch gemachte Tortilla, Wurst, Käse, Obst, Saft, Toast und Kuchen – alles ist selbstgemacht.