Ende Juni feierte der kleinste Nationalpark Spaniens, Las Tablas de Daimiel, seinen 50. Geburtstag. 50 Jahre, in denen versucht wurde das letzte Feuchtgebiet Zentralspaniens von der Intensivstation zu bekommen. Stattdessen unterstreichen die meisten großen Umweltorganisationen wie Greenpeace oder WWF, dass sich der Status der Tablas de Daimiel in Kastilien-La Mancha soweit verschlechtert habe, dass sie sich jetzt wohl eher auf der Palliativstation befinden.
Die Tablas de Daimiel: Lebensraum und Jagdrevier
Als der 3.030 Hektar große Nationalpark 30 Kilometer von Ciudad Real entfernt 1973 eingerichtet wurde, sollte endlich das einzigartige Feuchtgebiet umgeben von der teils wüstenartigen Mancha geschützt werden. Seit Jahrhunderten wurde der Lebensraum für hunderte Vogelarten, Amphibien und Reptilien bereits vom Menschen genutzt. Die ersten archäologischen Funde stammen aus der Zeit vor 3.500 Jahren. Es waren Siedlungen, die das Wasser des Feuchtgebietes der Tablas de Daimiel für ihre Landwirtschaft nutzten und erste Fische fingen. Ähnliche Verwendung fanden auch die Iberer, die Römer und die Visigothen mit dem Wasserparadies. Über diesen Zeitraum kann von einem Einklang von Mensch und Natur ausgegangen werden. Irgendwann, um 1325 wurde es zum ersten Mal in einem Buch erwähnt, begann das Feuchtgebiet vom Menschen zunehmend als Jagdrevier wahrgenommen zu werden. Adelige und Großgrundbesitzer suchten immer häufiger Las Tablas de Daimiel für Entenjagden auf. Im 20. Jahrhundert wurde dann das Gebiet unter reichen Großgrundbesitzern aufgeteilt und allerspätestens hier begann die Ausbeutung des sensiblen Ökosystems in der Provinz Ciudad Real.
Während man davon ausging, dass sich unter der Mancha ein nie versiegendes Süßwasserreservoir befände, wurde unkontrolliert das Grundwasser Aquifer 23, das zusammen mit den Flüssen Guadiana und Cigüela die Tablas de Daimiel mit Wasser versorgt, für die umliegenden Felder zur Bewässerung genutzt. Außerdem wurde 1959 entschieden, dass Kanäle im Feuchtgebiet gebaut werden sollten, um das Wasser nach und nach abzuleiten und so das Gebiet final trocken zu legen. Häuser sollten auf dem heutigen Nationalpark gebaut werden. Bis zur Einrichtung des Nationalpark 1973 war das Gesetz zur Trockenlegung der Tablas de Daimiel in Kraft. Welchen Schaden diese 14 Jahre im Feuchtgebiet angerichtet hatten, wurde erst nach und nach klar.
2005: praktisch ausgetrocknetes Feuchtgebiet
Im Jahr 2005 wurde der Nationalpark als praktisch ausgetrocknet deklariert. Sämtliche Bemühungen das über 14 Jahre lang abfließende Wasser zurückzuholen, schien hoffnungslos. Der Park hatte zunehmend die Grundwasserrechte in der Umgebung des Feuchtgebietes aufgekauft, sogar die Ländereien selbst, um den Nationalpark schlussendlich zu vergrößern und so besser schützen zu können. Doch zehntausende illegale Brunnen ließen das immer trockener werdende Wasserparadies weiter austrocknen. Bis 2005 fast alle Lagunen verschwunden waren.
Die Folge dieser Dürrekatastrophe waren unterirdische Brände, deren Rauch aus dem rissigen Boden der Tablas de Daimiel aufstieg und den über Jahrhunderte gespeicherten CO2 im Torf des Feuchtgebietes in die Atmosphäre pustete. Ein Endzeitszenario.
Bis 2010 loderte das Feuer, das erst durch mehrwöchige starke Regenfälle und das künstlich zugeführte Wasser aus zwei naheliegenden Stauseen gelöscht werden konnte. Seitdem haben die Tablas de Daimiel zwar nicht mehr gebrannt, doch eigentlich leben sie nur noch dank mehrerer gebauter Brunnen für Notfälle sowie Leitungen, die Wasser vom Fluss Tajo bis zum Feuchtgebiet leiten. 7 % des gesamten Überschwemmungsgebietes befinden sich derzeit unter Wasser. Die Tablas de Daimiel sind ein Nationalpark auf der Palliativstation.