Dénia

Dénia: die Perle der Costa Blanca

Es summt. Dann ein kurzer Stopp, bevor das Summen lauter wird. Ganz leise kriecht das Geräusch in mein Ohr und kitzelt an meinem Unterbewusstsein. Ich reibe meine Augen und nehme jetzt bewusst den vertrauten Ton aus dem Nachbarzimmer wahr. Wie sonst sollte der erste Tag eines neuen Sommers in Dénia beginnen als mit dem energischen Summen der elektrischen Orangensaftpresse, die aus den valencianischen Orangen aus der Hand meines Schwiegervaters in wenigen Sekunden einen köstlichen Saft zaubert.

Die Sonne steht bereits am frühen Morgen hoch am Himmel und brennt mir auf die Haut als ich mit meinem Glas auf die breite Terrasse der Wohnung meiner Schwiegereltern trete. Während ich mich an die Balustrade lehne und einen ersten Blick auf das Mittelmeer auf der anderen Straßenseite werfe, sind bereits einige Menschen unterwegs, die sich mit schlurfendem, gemächlichem Schritt und einem Klappstuhl unterm Arm den Weg zum Strand bahnen. 

Dénia an der Costa Blanca ist für mich der Inbegriff eines spanischen Sommers. Dénia lässt einem das Wasser kontinuierlich im Mund zusammenlaufen. Macht Lust auf lange Strandspaziergänge, in denen sich der feine, weiße Sand in sämtliche Poren einnistet. Motiviert zu Segeltouren, Schnorchelausflügen und Wanderungen auf den Hausberg Montgó. Und wenn man innehält, bemerkt man die alte, jahrhundertealte Luft, die die engen Gassen und Gemäuer der über dem Hafen thronenden Burg ausatmet. Dénia bietet einem die Möglichkeit zutun, was einem im Urlaub eben spontan in den Sinn kommt und die Stadt verzeiht, wenn man sich dazu entschließt einfach nichts zutun, außer sich dem schlurfenden Schritt der Klappstuhlträger anzupassen.

Dénia: die UNESCO - Kreativstadt der Gastronomie

Essen muss vom tiefenentspannten Strandgänger bis zum elektrisierten Aktivurlauber jeder und gerade in Dénia sollte man das gute Essen als Teil der täglichen Routine nicht hinten anstellen. Die 44.000-Einwohner-Stadt wurde nämlich im Jahr 2015 von der UNESCO zur ersten Kreativstadt der Gastronomie ernannt. Gründe hat das viele: in über 300 Restaurants kann man sich in dem Ort an der Costa Blanca von der mediterranen Küche Dénias überzeugen lassen, die von der Lage der Stadt zwischen Bergen und Meer und unweit der Wiege der Paella geprägt ist. Hier befindet sich das siebtbeste Restaurant Europas, Quique Dacosta, mit stolzen drei Michelin-Sternen. Und Dénia gibt sogar einer Garnele ihren Namen – der Gamba Roja de Dénia, ein Krustentier, das vor der Küste zwischen Dénia und Ibiza auf 600 Metern Tiefe gefangen wird und aus der Pfanne mit ein wenig grobem Meersalz am besten schmeckt.

In der Küstenstadt gibt es also kaum eine bessere Unternehmung als die, essen zu gehen. Von günstig bis hochpreisig, von Meerblick über die kleine belebte Gasse bis zum eleganten, klimatisierten Gastraum; von der Taverne, in der gegessen wird, was auf den Tisch kommt bis hin zu mehrseitigen Speisekarten findet man hier alles. Reservieren sollte man trotzdem zeitig, der Hunger ist in Dénia immer groß und die besten Restaurants schnell ausgebucht. Urlaub in Dénia heißt auch zu essen wie ein Spanier: mit Vor-, Haupt- und Nachspeise, Wein und Kaffee. Geteilt wird alles, versteht sich – bis auf die Rechnung vielleicht.

20 Kilometer Sandstrand und Felsen zum Schnorcheln

Essen gehen wie ein Spanier bedeutet seinem Magen ordentlich Arbeit zu geben und während sich die Körpermitte abmüht, das gute Essen zu verdauen, sollte der Rest des Körpers nicht überstrapaziert werden. Eine Siesta ist daher nach dem Restaurantbesuch die beste Option und sollte in jedem Fall eingeplant werden. Sowieso ist es nicht gerade empfehlenswert sich im Sommer zwischen 14 und 18 Uhr auf der Straße aufzuhalten – die Luft ist zu dick zum Atmen und die Sonne gnadenlos.

Zum Wachwerden hat Dénia eine gute Medizin: Unzählige Strände, die insgesamt an 20 Kilometer Küste entlang laufen. Manche von ihnen eignen sich ideal für Sandburgen wie der Les Marines oder auch Sanduhren, wie der Platja Santa Ana. Und dann gibt es auch die für Strandschuhe und Taucherbrillen, wie den Strand Les Rotes oder den, an dem man gar nichts braucht, nicht mal einen Bikini, die Cala d’Aigua Dolc.

Der Naturpark Montgó angrenzend an Dénia

Vielleicht nicht mehr am gleichen Tag, doch aber für den nächsten – für die Frühaufsteher am Morgen und die Ausgeschlafenen am späten Nachmittag – wartet der Naturpark Montgó. Von den 753 Metern Höhe sind die Sonnenaufgänge einzigartig und die Sonnenuntergänge atemberaubend. Über den Kalksteinberg, der ein bisschen an einen schlafenden Elefanten erinnert, laufen unzählige Wanderrouten, an deren Wegesrändern sich mediterrane Gewächse wie der Schopflavendel oder venezianische Felsenveilchen zuhause fühlen und zu seinen Füßen liegt die kleine Kirche Ermita de Pare Pere, in der viele Menschen aus Dénia regelmäßig dickbäuchige, rote Kerzen anzünden. Geehrt wird Fray Pedro Esteve El Pare Pere, der im 17. Jahrhundert in dem Küstenort lebte und der Legende nach die von Cholera geplagten Anwohner heilte. Ein magischer Platz schon allein aufgrund der vielen Katzen, die die Prokrastination perfektioniert haben.  

Eine historische Altstadt zu Füßen der Burg Dénias

Kommt man vom Montgó hinunter, wird man unweigerlich in die Innenstadt von Dénia gelotst. Die schmalen Gassen rund um die historische Burg der Stadt sind wahrscheinlich irgendwann von den Römern oder den späteren Mauren gebaut worden und sind anders als jene Erbauer quicklebendig. Hier, unweit des Hafens, wird die luftigste Sommermode präsentiert, Horchata (Erdmandelmilch) geschlürft und sich am Abend in der Calle Loreto mit einem Tinto de Verano und Tapas auf die bevorstehende laue Sommernacht vorbereitet. Die Burg von Dénia, die sowohl die Stadt als auch den Hafen von ihrem Felsen aus bewacht, ist zwar nur tagsüber von innen zu besichtigen, doch gerade am Abend strahlt sie in goldgelbem Licht und gibt einem das Gefühl von Sicherheit.

Die Nächte sind lang in Dénia. Ibiza ist eben nicht all zu weit weg. Hinter den Luxusyachten im Hafengelände reiben sich im Zensa verschwitzte Körper durch die Dunkelheit und im Els Magazinos im pittoresken Fischerviertel verschmilzt gutes Essen mit der Ausgelassenheit einer Sommernacht.

Dénia sind vibrierende, heiße Nächte, sind Wanderungen, die nach trockener Pinie und Lavendel duften, sind langsam schlurfende Menschen, die sich mit Hut und Sonnenbrille vor der warmen Sonne zu schützen versuchen und sind kulinarische Erlebnisse, die so nicht nur in Spanien einzigartig sind. Dénia ist eben das Sinnbild des spanischen Sommers.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das wird dir auch gefallen
Garantiert

Meine Herdplatte ist kaputt. Vor etwa genau einem Jahr entschied sich die größte von dreien, dass nun genug sei mit Blanchieren, Braten, Schwenken und Kochen.

Weiterlesen