Es knallt. Nochmal und nochmal. Erschreckt springen Passanten zur Seite. Dabei müssten sie eigentlich schon an die überraschenden Böller gewöhnt sein, an den Geruch nach Verbranntem und an die ausgelassenen Gesichter der Valencianer. Denn seit Tagen wird in der Provinz an der Mittelmeerküste geböllert und gefeiert. Tag und Nacht.
Es ist die beliebteste Woche der Südspanier. Feierlichkeiten, auf die sich das ganze Jahr vorbereitet wird und die während der Ausgangssperre im Coronajahr 2020 schmerzlich vermisst wurden. 2020 und 2021 sind die großen Ausnahmen in einer Tradition, die seit dem 18. Jahrhundert in der Stadt zelebriert wird. Ihren Höhepunkt findet sie am 19. März, am Tag des Heiligen Josef, Schutzpatron der Zimmerleute. Denn eben jene sollen für das einzigartige Spektakel verantwortlich sein, das mittlerweile zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Zu Ehren ihres Schutzpatron begannen die Handwerker vor Jahrhunderten in Valencia alte und kaputte Gestelle und Arbeitsutensilien zu verbrennen. Dinge, die sie nicht mehr benötigten und Platz machen sollten für das neue Jahr.
Heute werden statt Sperrmüll riesige, prachtvolle Figuren aus Karton, Papier und Kork verbrannt – die Fallas. Die meisten von ihnen haben eine politische Message, viel Ironie und natürlich Humor. Etwa 700 sind es mittlerweile allein in der Stadt Valencia (dazu kommen noch die Fallas in der ganzen Provinz), die jedes Jahr in mühevoller Arbeit gebaut werden. Bis zu 600 Kilogramm wiegt jede große Falla, die kleineren bis zu 100 kg. Die größten von ihnen können die 15 Meter schon mal knacken.
Erbauer und Künstler sind die Fallas-Vereine in den einzelnen Stadtvierteln von Valencia. Ähnlich wie beim Karneval buhlen die sogenannten falleros jedes Jahr mit ihrer Falla um die originellste, schönste oder kritischste Figur. Seit 1901 wird der Wettbewerb organisiert. Ansehen kann man sich die beeindruckenden Skulpturen deshalb nicht erst am 19. März, wenn sie verbrannt werden. Schon in den Tagen davor werden sie nach und nach in der Innenstadt aufgebaut. Fertig müssen sie am 16. März sein. Dann nämlich werden die besten prämiert und die Ninot indultat ausgewählt. Die einzige Falla, die das Feuer in diesem Jahr überleben wird.
Die wichtigsten Ereignisse auf einen Blick
15. bis 19. März
Jeden Tag um 14 Uhr werden auf dem Rathausplatz von Valencia die sogenannten Tageslichtfeuerwerke, die mascletàs, entzündet. An langen Schnüren aufgereihte Böller explodieren im Sekundentakt und kreieren mit ihrem Donnern und Pfeifen ein Getöse von bis zu 120 Dezibel. Da hat man am besten Mikeymäuse auf oder man lässt den Mund ein Stück weit offen, wie es die Regierung von Valencia rät.
Zwischen dem 15. und dem 19. März gibt es jede Nacht um 0.00 Uhr ein großes Feuerwerk auf dem Paseo de la Alameda. Das größte und schönste von ihnen sieht man am 18. März um Mitternacht.
17. März
Am Morgen des 17. März begibt sich die Jury in einem Umzug mit traditionellen Gewändern auf den Rathausplatz von Valencia, um die Erbauer der besten Fallas zu küren.
17. und 18. März
Am 17. und 18. März ziehen sämtliche Fallas-Vereine in Umzügen von ihren Stadtvierteln aus bis zum Plaza de la Virgen, um die Schutzheilige Valencias zu ehren. Ab 16 Uhr werden bis in die Nacht hinein Blumen an einer 15 Meter hohen Skulptur befestigt, die dann den Umhang der Schutzheiligen bilden. Der Duft, der sich über den ganzen Platz verbreitet, ist einmalig.
19. März
Höhepunkt und Ende der Feierlichkeiten ist der Abend des 19. März, dann nämlich, wenn sämtliche Fallas verbrannt werden. Ab 20 Uhr werden die kleinen Figuren entzündet, um 22 Uhr folgen die großen. Bis auf die Gewinner-Falla, diese fällt „erst“ um 22.30 Uhr den Flammen zum Opfer. Schlusslicht bildet die Verbrennung der Falla, die von der Regierung Valencias gebaut wird, um 23 Uhr.
Die Ninot indultat, die einzige Falla, die das Feuerspektakel überlebt, wird im Fallas-Museum in Valencia ausgestellt. Hier kann man sich sämtliche Skulpturen ansehen, die seit 1934 von der Mehrheit der Bevölkerung vor den Flammen gerettet wurden.