Zusammenfassung
Die wichtigsten Daten
- Südöstlich vom Zentrum Madrids gelegen
- Etwa 30 Gehminuten vom Hauptbahnhof Atocha entfernt
- Ist mit knapp 241 000 Einwohnern auf 14,92 km² Fläche eines der dicht bewohntesten Distrikte der Hauptstadt und ganz Spaniens
- Liegt bereits außerhalb der Stadtautobahn (Ring) M-30
- Arbeiter- und Migrantenviertel
- entwickelt sich derzeit zum neuen hippen Viertel
- Regierung von Madrid (Asamblea de Madrid) residiert hier
Puente de Vallecas war bis 1950 zusammen mit Villa de Vallecas und Ensanche de Vallecas ein eigenständiges Dorf und lebte hauptsächlich von der Landwirtschaft. Das angebaute Getreide sowie Milch- und Fleischerzeugnisse wurden an Madrid verkauft. Ab dem 19. Jahrhundert ließen sich hier zunehmend Fabrikarbeiter aus Madrid nieder und es entstanden die für Vallecas so charakteristischen Wohnkolonien, die teilweise noch heute existieren. 2004 explodierten in einem Zug im Bahnhof von Puente de Vallecas El Pozo zwei Sprengsätze, die zusammen mit weiteren acht Explosionen zwischen El Pozo und dem Hauptbahnhof Atocha 191 Menschen tötete und 1900 weitere verletzte.
Geschichtlicher Exkurs
6 Gründe, warum du das Viertel Puente de Vallecas unbedingt besuchen solltest
1. Der dörfliche Charakter
Obwohl das ursprüngliche Dorf nicht erst seit gestern ein Distrikt von Madrid ist, hat es sich seinen unabhängigen, dörflichen Charakter bewahrt. Noch immer findet man hier einige der einst in dieser Region so typischen einstöckigen Häuser (casas bajas), in den Bars und Cafés kennt man sich und der Zusammenhalt der Nachbarn spielt eine wichtige Rolle.
2. Die Internationalität
Menschen aus aller Welt leben hier in Vallecas und haben es gemeinsam geschafft, aus dem Viertel eine spannende Mischung aus Multikulti und traditionellen, dörflichen Einflüssen zu machen. Deshalb ist es hier nicht schwierig, zuerst einen typisch madrilenischen Vermut vom Fass zu trinken und dabei Flamenco zu hören und den Tag dann in einer Latinobar zu beenden, nachdem man in einem arabischen Restaurant zu Abend gegessen hat.
3. Der Humor
Jedes Jahr wird im am zweiten oder dritten Sonntag im Juli in Vallecas eine große Seeschlacht (batalla naval) veranstaltet und das, obwohl das einzige Gewässer, das es im Viertel gibt, unterirdisch verläuft. Entstanden ist die utopische Forderung nach einem Hafen für Vallecas duch eine Gruppe von Jugendlichen, die 1981 an den Feierlichkeiten der Heiligen Carmen beteiligt waren und auf die Idee kamen, Hydranten zu beschädigen und sich so bei der Julihitze zu erfrischen. Seitdem gibt es in Vallecas jedes Jahr einen Umzug und hunderte Menschen laufen durch die Straßen, um sich gegenseitig mit Wasserpistolen und Eimern nass zu machen.
4. Die Rock und Heavy Metal Begeisterung
Im Fußballstadion von Vallecas sangen bereits Metallica oder Queen und der Rockerpub Vkaos ist längst eine Legende: Vallecas begeistet sich seit Jahrzehnten für die harte Musik. Das beste Beispiel dafür ist wohl die Rockeroma (abuela rockera), die mit über 70 Jahren ihre Begeisterung für den Rock entdeckte und ihre Enkelin regelmäßig zu Rockkonzerten begleitete. Mittlerweile erinnert eine Statue auf dem Bulevar an die verstorbene Argentinierin.
5. Der Zusammenhalt
Wenn es etwas gibt, was die Vallecanos charakterisiert, dann ist es ihr nachbarschaftlicher Zusammenhalt. Hier gibt es zig soziale Zentren und Vereinigungen, die sich für die ärmeren Nachbarn, soziale Gerechtigkeit oder Feminismus einsetzen. Während der Coronapandemie entstand sogar ein Projekt, das 2020 vom Europaparlament mit dem Europäischen Bürgerpreis ausgezeichnet wurde – Somos Tribu VK. Eine Vereinigung, die hilfsbedürftigen Menschen während der Krise mit Lebensmitteln und offenen Ohren unterstützte.
6. Die rebellische Art der Vallecanos
El Barrio es nuestro – das Viertel gehört uns – steht in Backstein auf einer Verkehrsinsel auf der Avenida del Parque de Palomeras Bajas. Die Statue ist eine Homage an den rebellischen Geist der Vallecanos. Seit jeher kämpfen die Nachbarn des Viertels für bessere Wohnbedigungen, mehr soziale Sicherheiten und ihre Sichtbarkeit im restlichen Madrid. Früher wie heute gilt Vallecas als der Ort, an den man zieht, wenn man sich nichts besseres leisten kann. Eine Realität, aber auch ein Stigma, gegen das die Vallecanos in Demonstrationen und innerhalb von nachbarschaftlichen Gruppierungen angehen.
Mit diesen 10 Ecken lernst Du das Viertel Puente de Vallecas am besten kennen
1. Denkmal an das Attentat 2004
Das Denkmal am Bahnhof El Pozo erinnert an die Opfer des von islamistischen Terroristen begangene Attentat von 2004 bei dem insgesamt 191 Menschen ums Leben kamen. Das steinerne Monument soll die Schwerkraft und Ewigkeit repräsentieren, die freien Zwischenräume das Leben sowie die kleinen Wasserfälle die Tränen der Trauer. Die roten Rosen sind Symbol für die fortwährende Zuneigung und Erinnerung an die verstorbenen Opfer.
2. Vaquería La Tierruca
In der Straße Calle Monte Igueldo 103 erinnert die kunstvolle Fassade der Vaquería La Tierruca an die Zeit, in der die Landwirtschaft und Viehzucht die Haupteinnahmequelle Vallecas bildeten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Wunsch nach frischer Milch in ganz Spanien immer größer und die Milchindustrie gewann rasch an Bedeutung. Kühe wurden jetzt nicht mehr nur in abgelegenen Dörfern gehalten, sondern in den hinteren Räumen der sogenannten Lecherías. Im vorderen Teil des Lokals wurde die Milch verkauft, dahinter wurde sie produziert. Über 100 Kühe befanden sich teilweise in diesen Vaquerías. Längst hat das Milchgeschäft seine Türen geschlossen. Die kunstvolle Fliesenfassade des Ladens allerdings gibt es noch immer.
3. Die Kolonien
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Vallecas für in Madrid angestellte Fabrikarbeiter immer interessanter. Wohnraum wurde für die aus ganz Spanien zugewanderten Menschen benötigt. Die kleinen Häuser waren günstig und gleichzeitig relativ nah am Zentrum. Dieser billige und zentrumsnahe Wohnraum blieb bis ins 20. Jahrhundert einer der Hauptgründe für die Migration nach Vallecas, die in den 1950er Jahren ihren Höhepunkt erreichte. Es kamen so viele Zuwanderer, dass nicht nur die Regierung von Madrid, sondern auch private Investoren städtische Wohnkolonien bauen ließen, die sich vor allem durch „eine mangelhafte Planung, fehlende Infrastrukturen und schlechte Qualität der Wohnräume auszeichnete„. Einige wenige, wie die Kolonie in der Straße Calle Javier de Miguel 3 gibt es noch immer. Die meisten anderen sind neuen Wohnkomplexen gewichen, wie dem Öko-Quartier in der Straße Calle Sierra de Aracena 11 – Sozialwohnungen mit einem zentralen Fernheizwerk und einem Absaugsystem für den Hausmüll aller Wohnungen.
4. Restaurant Cruz Blanca
Wenn selbst der ehemalige König Juan Carlos hier zu Mittag ist, um den preisgekrönten madrilenischen Cocido zu probieren, dann hat das was zu bedeuten. Zwar nicht gerade gestern, schließlich befindet sich der abgedankte König schon eine Weile im Exil, trotzdem ist das Restaurant Cruz Blanca immer voll. Neben dem Cocido, den Du (zumindest als Fleischesser) in Madrid einmal probieren solltest, sind der asturische Bohneneintopf Fabada oder Kaninchen an Knoblauch Spezialitäten des Hauses und spiegeln den traditionellen Geist von Vallecas wider.
5. Peruanisches Restaurant Limanta
Seit seiner Eröffnung 2012 in der Avenida Rafael Alberti 43 hat das Restaurant Limanta es geschafft sich mit seiner peruanischen Küche mit einer Mischung aus Tradition und moderner Kreativität einen Namen zu machen. Hier kann man das peruanische Nationalgericht Ceviche in sämtlichen Ausführungen probieren und sich dazu einen köstlichen Pisco Sour Cocktail gönnen. Mittags gibt es für 12 Euro ein leckeres Menü mit Vor-, Haupt- und Nachspeise. Den Multikulti-Charakter Vallecas lässt man sich am besten auf der Zunge zergehen.
6. Der Bulevar
Ein großer Teil des nachbarschaftlichen Lebens von Vallecas spielt sich hier auf dem von Bäumen gesäumten Bulevars ab. Neben der Straße Calle Peña Gorbea werden im Schatten der Platanen kleine Märkte, wie im Mai die Buchmesse, und andere Aktivitäten veranstaltet. Die diversen Terrassen der anliegenden Bars und Cafés laden zum Verweilen ein.
7. Die Rockeroma
Ángeles Rodríguez Hidalgo hieß die 1900 geborene Argentinierin, die heute mit Mütze und Rockerjacke auf einem Sockel am Bulevar verewigt steht. Sie entdeckte ihre Leidenschaft für Hardrock und Heavy Metal mit ungefähr 70 Jahren und verbrachte die letzten 23 Jahre ihres Lebens vor allem in Konzerten der bekanntesten internationale, aber auch lokalen Musikgruppen aus Vallecas. Die Rockeroma, wie sie liebevoll im Viertel genannt wurde, sah man nie anders als auf der Statue dargestellt. Neben Lederjacke und Halstuch grüßte sie für gewöhnlich mit dem so bekannten Heavy Metal Gruß. Jene Geste, mit der sie ebenfalls auf dem Monument dargestellt wurde, wurde allerdings von einigen Anwohnern als obszön interpretiert und der Zeige- und kleine Finger der Büste verschwanden kurz nach ihrer Aufstellung 1994.
8. Sputnik - der Gemeinschaftsgarten
Mal wieder waren es die Nachbarn von Vallecas, die aufhörten zu warten und stattdessen begannen auf eigene Faust den ungenutzten Platz in der Straße Calle González Soto 19 zu bearbeiten und den Gemeinschaftsgarten Sputnik zu schaffen. Statt Müll stehen hier nun Bänke und Tische zwischen selbst angebautem Gemüse und Blumen und der kleine Ort eingequetscht zwischen Häusern ist zu einem Treffpunkt geworden, an dem debattiert, sich erholt oder gespielt wird. Der Garten ist jederzeit öffentlich zugänglich.
9. Statue El Barrio es nuestro
Eigentlich sollte das Monument „El barrio es nuestro“ (Das Viertel gehört uns) nur eine vorübergehende Hommage an den kämpferischen Charakter der Vallecanos sein. Komplett aus Backstein gebaut, sollten die einzelnen Steine nach Ablauf der Ausstellung anderweitig verwendet werden. Doch der Schriftzug gefiel den Nachbarn in Vallecas so gut, dass sie auch hier ihren rebellischen Willen durchsetzten und das Monument vor seinem Abbau bewahrten und ihm seinen heutigen Standort in der Straße verschafften. Eine Statue, die den Kampfgeist des Viertels nicht besser darstellen könnte.
10. Parque Cerro del Tío Pío
Bei den Madrilenos wird der Park Cerro del Tío Pío nur jener der sieben Brüste genannt. Schuld sind seine sieben grasbedeckten Hügel, die sich entlang der Grünfläche erstrecken. Angeblich soll man von hier die schönsten Sonnenuntergänge Madrids sehen können. In jedem Fall hat man von hier aus einen spektakulären Blick über ganz Madrid und die dahinter liegende Sierra de Guadarrama. Der Besuch ist ein absolutes Muss.