Geduckte, knorrige Bäume, felsiger, ausgetrockneter Boden – im einsamen „Valle de Mirandilla“ zwischen Santo Domingo de Silos und Contreras erinnert nicht nur der zerklüftete Tafelberg „Alto de Mirandilla“ an die staubigen Kulissen alter Westernfilme. Von einer huckeligen Schotterpiste aus, sieht man schon bei der Einfahrt in das Tal tausende windschiefe Holzkreuze, die fast erwartungsvoll auf einen kreisrunden Platz blicken. „Cementerio de Sad Hill“ steht eingraviert auf einem verwitterten Schild.
Das ist er also, der verlassene Geisterfriedhof. Geister deshalb, weil keines der über 5000 akribisch angeordneten Gräber menschliche Überreste enthält oder jemals enthalten hat. Trotzdem sind achtsam kleine Grabhügel angelegt worden, die mit Unkraut und heideartigen Gewächsen bedeckt sind. An jedem von ihnen steht eines der Kreuze, fast jedes davon versehen mit einem Namen.
Hier, im wohl einsamsten Tal der Provinz Burgos, wurde 1966 jene Szene aus „Zwei glorreiche Halunken“ gedreht, die Clint Eastwood zum berühmtesten aller Cowboys werden ließ.

Spanische Soldaten gruben Friedhof für Clint Eastwood und Co.
Ein bedrohliches Bild müssen die über 250 spanischen Soldaten für die Menschen aus der Region damals abgegeben haben, als sie zu Zeiten der Franco-Diktatur diesen abseits gelegenen Friedhof anlegten. Unter Beobachtung von Aasgeiern, die in den umliegenden Felsen leben, schaufelten die vom Diktator abgestellten Männer mehrere Tage an den kreisförmig angeordneten Gräbern. Ähnlich wie eine Begräbnisstätte für Kriegsopfer sollte er aussehen, das hatte man ihnen gesagt.
Doch statt Toten, versammelte sich nach der Fertigstellung hier die Crew des Regisseurs Sergio Leone. Denn auf dem Cementerio de Sad Hill wollte der Italiener die finale Szene seines Italo-Westerns „Zwei glorreiche Halunken“ drehen. Keine geringen Schauspieler als Clint Eastwood, Lee Van Cleef und Eli Wallach kamen auf dem kreisrunden Platz zusammen, um sich ein herausragendes Schlussduell umgeben von den Felsen und Hügeln Burgos zu liefern. Die Inszenierung ging dank der meisterhaft gehaltenen Spannung, zusammen mit den Markenzeichen Leones wie den kurzen Dialogen und Nahaufnahmen von Teilen des Gesichts in die Filmgeschichte ein und machten die Schauspieler und den Regisseur weltberühmt.
Seitdem strömen hunderte Menschen jeden Tag an diesen abgelegenen Ort, kaufen Cowboyhüte um sich vor der brennenden Sonne zu schützen und sich selbst ein bisschen wie Clint Eastwood zu fühlen. Das denkt man zumindest. Stattdessen geriet der Friedhof nach dem Dreh des großen Showdowns für fast 50 Jahre in Vergessenheit. Niemand erinnerte sich an die tagelange Arbeit der Soldaten oder die lässigen Blicke der Schauspieler mit Zigaretten im Mundwinkel.
Erst 2015 kamen einige Fans des Filmklassikers auf die Idee, den eingewucherten Drehort wieder instand zu setzen. Mithilfe von Spenden wurde der einen halben Meter im Boden versunkene Friedhof in mühsamer Arbeit freigelegt. Unkraut wurde gejätet, Hinweisschilder aufgestellt und teils neue Holzkreuze ausgerichtet, auf denen nun die Namen der insgesamt 5000 Spender geschrieben stehen. Dank der Fans bekommt der Drehort der „Zwei glorreichen Halunken“ endlich die Aufmerksamkeit die er verdient. Zur Einweihung des restaurierten Schauplatzes schickte Clint Eastwood sogar eine Videobotschaft und zeigte sich begeistert von der jahrelangen Arbeit.

Die Leidenschaft der Fans der „Zwei glorreichen Halunken“, die schweißtreibende Ausgrabung und die einzigartige Landschaft kann man sich in dem 2018 veröffentlichten Dokumentarfilm „Sad Hill Unearthened“ auf Netflix ansehen. Die besondere Atmosphäre dieses immer noch einsamen Ortes kann man allerdings nur auf dem steinernen Platz zwischen den Kreuzen spüren. Wenn die Aasgeier über einem segeln und die sengende Sonne auf einen niederbrennt, versteht man, warum diese Szenerie in die Filmgeschichte eingehen musste.
Anfahrt
Erreichbar ist der Geisterfriedhof von Santo Domingo de Silos aus über eine Schotterpiste, von der aus man langsam in das Tal einfährt und so einen weitläufigen Blick über den Friedhof bekommt. Auch von Contreras aus ist die Einfahrt möglich. Geparkt werden kann direkt am Sad Hill Friedhof. Ein Geländewagen ist hier definitiv das entspannteste Fortbewegungsmittel.
Was noch?
Wer hier unterwegs ist, sollte auf keinen Fall die Orte Lerma und Covarrubias verpassen. Unweit von Covarrubias befindet sich auch die Klosterruine „Monasterio de San Pedro de Arlanza“, in dem ebenfalls Szenen des Films „Zwei glorreiche Halunken“ gedreht wurden.